Lienzer Dolomiten

Die Berge haben Hochsaison. Wieder hat es uns nach Osttirol verschlagen - diesmal nach Lienz ... besser gesagt in die Lienzer Dolomiten. Von Tristach hinauf zur Dolomitenhütte haben wir es uns leicht gemacht - über die Bergstraße mit dem Auto. Nicht weil wir diesmal zu faul waren den Weg zu gehen, sondern vielmehr wegen der Gesamtbelastung des Tages. 6 Stunden Anreise plus Wanderung mit schwerem Gepäck. Von der Dolomitenhütte geht ein wunderbarer Forstweg über knapp 700 Höhenmeter hinauf zur Karlsbadhütte (2260 m). Eine Wanderung von ca. 2 Stunden. Für diejenigen, denen die Forststraße zu langweilig ist, führt alternativ ein Steig zur selbigen Hütte. Die Karlsbadhütte liegt malerisch am Laserzsee in einem Kessel weit über der Baumgrenze und ist idealer Ausgangspunkt für zahlreiche Klettersteige und Klettertouren. So auch für uns. Doch nicht am selben Tag. Erst heisst es mal kräftig einschneiden beim Abendessen und dann ab ins Schlaflager. 8 Leute - 1 Ziel: Schlafen und Schnarchen, wobei letzteres wiederum von ersterem abhält. Egal - in Alpenvereinshütten zu nächtigen ist sowieso nichts für Weicheier und Langschläfer. 6.30 Uhr ist Tagwache. Um 7 Uhr herrscht bereits Hochbetrieb am Frühstücksbuffet.

auf dem Weg zur Karlsbadhütte (in der Bildmitte ist die Hütte bereits zu erkennen)

mit großem Gepäck unterwegs

Aufstieg zum Zustieg
Und dann ist es endlich so weit. Unser erster Alleingang auf einem Klettersteig. Wir haben den Seekofel-Klettersteig für dieses Unternehmen ausgewählt. Der Rucksack ist mit allem Nötigem gepackt und auf geht's. Über steinige Wege und Geröllhänge geht's entlang einer Rinne bergauf. Der Zustieg zum Klettersteig (Einstieg in der Ödkarscharte) dauert eine knappe Stunde. An der Scharte angekommen klopft das Alpinherz. Traumhafter Ausblick auf beiden Seiten des Berges - vor uns der Einstieg in den Steig. Wir (meine Frau und ich) legen den Klettergurt und das Klettersteigset an, besprechen wer voran geht und nochmals ein paar Details der Topografie und steigen ein. Das erste Teilstück des Steiges ist eine Gehpassage entlang des Grates, ohne Drahtseilsicherung. Wir gehen hoch konzentriert über den teils schmalen Grat bis zur Drahtseilsicherung. Erster Teil geschafft, wir hängen uns ein und genießen den Ausblick. Das Herz klopft spürbar. Adrenalin pur. Weiter geht's über den steiler werdenden Grat über Felswände, Schroffen, Stufen ... auf und auch wieder ab. Die Drahtseilsicherung ist nicht durchgehend. Immer wieder müssen wir uns abhängen. Dies macht das Klettersteiggehen immer wieder zu einem echten Alpinerlebnis. Die heiklen Passagen überqueren wir trotzdem gesichert. Wir hängen und gegenseitig zusammen und einer ist so weit wie möglich immer an der Drahtseilsicherung eingehängt. Immer wieder rasten wir kurz und genießen die fantastische Bergwelt. Diese Eindrücke sind einfach unbezahlbar.

meine Tami unterwegs auf gesicherten Pfaden
Ausblick vom Klettesteig nach Süden
über Stein und Fels führt der Klettersteig entlang des Grates
Panorama-Blick

Nach ca. 2 Stunden am Klettersteig kommen wir ans Ende der Drahtseilsicherung - unterhalb des Gipfels an. Wir gehen noch einige Schritte, verlieren aber bald die Markierung aus den Augen und befinden uns plötzlich in einer Steilrinne mit losem Geröll. Vom Weg keine Spur mehr. Wir halten an. Nach kurzer Beratschlagung beschließen wir an diesem Punkt zu stoppen - ein Weitergehen wäre zu gefährlich ... zumindest für uns. Wir haben noch nicht die nötige Alpinerfahrung um diese Situationen zu umgehen. Aber wir lernen dazu. Und genau darum geht es. Situationen richtig einzuschätzen und mit dem eigenen Vermögen abzuwiegen und dann Entscheidungen zu treffen. Auch wenn wir den Gipfel an diesem Tag nicht ganz erreicht haben, haben wir dennoch den gesamten Klettersteig und alle seine Schwierigkeiten bezwungen und gelernt wie man seinen Tritt sicher einsetzt, wie man mit seiner Kraft haushält und wie man für sich selbst richtig entscheidet, wenn's drauf ankommt.

Blick von der Ödkarscharte zur Karlsbadhütte
Der Rückweg führt wieder über den gleichen Weg retour. Wir benötigen dafür etwas kürzer als beim Aufstieg. Wieder angelangt an der Ödkarscharte begeben wir uns über das Geröllfeld (echt blöd zu gehen - vor allem bergab, da das Geröll immer wieder nachgibt) zurück zur Karlsbadhütte. Voller Stolz und tiefster Zufriedenheit blicke ich immer wieder auf den Berg, den Grat und den Weg den wir gegangen sind. Ich kann es immer noch nicht glauben, dass meine Frau und ich dort oben waren - an einem Punkt an dem ich noch vor einem Jahr nicht mal zu träumen wagte, mal dort stehen zu dürfen.


Insgesamt waren wir ca. 5,5 Stunden bereits unterwegs. Wir beschlossen noch am selben Tag weiter runter zur Dolomitenhütte zu gehen, wo wir unser Auto geparkt hatten. Eine weitere Stunde und 45 Minuten talwärts. Eine echt heftige Ein-Tages-Tour. Während der letzten Stunde beginnen bereits die Fußsohlen zu brennen, doch wir lassen uns nicht unter kriegen und gehen mit geblähtem Brüsterl bis zum Ziel - der Dolomitenhütte. Hier haben wir uns einen leckeren Apfelstrudel und einen Kaffee regelrecht verdient. Und wieder blicke ich nochmals auf den Berg, auf dem wir noch vor wenigen Stunden unterwegs waren. Unfassbares Gefühl.

Seekofel - im Bild rechts erkennt man die Ödkarscharte. Entlang des Grates führt der Klettersteig

Fazit der Tour: Einfach fantastisch. Das Panorama, die Berge, der Laserzsee, der Klettersteig und die Leute auf der Hütte. Auf der Karlsbadhütte sind die Alpinfans zu Hause. Auch wer nur wandern gehen möchte, sei die Wanderung zur Karlsbadhütte (evtl. über den Steig) zu empfehlen. Geht sich locker an einem Tag aus.

Dolomiten-Hütte
noch einmal der Blick auf den Seekofel (linker Gipfel im Hintergrund)

Abendstimmung auf der Karlsbad-Hütte



1 Kommentar:

  1. Hallo Reinhard! Danke für die schöne Fotos. Ich liebe Klettersteige, wir haben aber auch noch nicht so viel gemacht, da die gute von München zu weit sind, und wir haben meistens nur die Möglichkeit für Tagesausflüge...LG, Andrea

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